Argloses Männlein oder reaktionärer Wichtel – der Gartenzwerg

Gartenzwerg
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Ob klassisch mit Gießkanne, Spaten, Angelrute, Laterne oder Schubkarre oder in allzu gezwungener Lustigsein-Variante im Fußballtrikot, als Tarzan, Rennfahrer, erdolchter Zwerg oder im Sado-Maso-Outfit, den Zwerg gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen. Versuche ihn zu eliminieren? Zwecklos. Es gibt ihn traditionell aus Terrakotta. Aber um ein Vielfaches günstiger und häufiger anzutreffen, ist er als Kunststoff-Zipfelmützenmann: bruch-, allwettertauglich und einfach in der Reinigung.

Postiert werden die Gartenzwerge mitten auf Rasenflächen, in Stauden, Beeten, an Sträuchern oder unter einem Baum, nicht selten in Gesellschaft mit anderen an Niedlichkeit kaum zu übertreffenden putzigen Wichteln. Denn man hat nicht nur einen von diesen rotbäckigen Geschöpfen. Schnell entwickeln sich kleine klar überschaubare künstliche Welten an Männchen. Miniaturwelten entstehen, bestückt mit Windmühlen, Haustieren wie Rehen oder Hasen, und zu Besuch kommt Schneewittchen.
So manch munterer Gesell erntet schon mal böse Blicke vom Nachbarn, der sich durch das PVC-Männchen gestört fühlt. Für den Zwergeneigentümer hingegen sind es Refugien der Glückseligkeit. So sorgen die Männchen mit ihren roten Mützen für Abwechslung im nachbarschaftlichen Zusammenleben.

Die Zwerge haben in Deutschland Tradition, nun schon seit über 100 Jahren. Als beseelte Gartenzwerge gelten die aus Ton gebrannten, handmodulierten und -bemalten kleinen Männer mit weißem Bart und festem Schuhwerk, unbeseelt hingegen sind jene Plastikrepliken, die nackte Haut zur Schau stellen, so umschreibt Frank Ullrich, Direktor des Zwergenparks im Trusetal, liebevoll seine Exponate.
Wahrscheinlich stammt von dort auch der erste Gartenzwerg. Sie galten als Abbild der meist kleinwüchsigen Männer, die in den engen Schächten der Bergwerke um Gräfenroda im Thüringer Wald arbeiteten. Das erklärt, warum die Zwerge meist mit Arbeitsgeräten ausgerüstet sind.

Auf die Frage nach der fehlenden Frau in der Männerwelt vertritt Direktor Ullrich die These, dass eine Zwergenfrau nicht von Nöten sei: „Die Zwerge sind männlich und es geht Ihnen gut damit, es gibt keinen Zank, es gibt keinen Streit, es gibt keine Kriege und schauen Sie Zwergen ins Gesicht und Sie sehen, wie glücklich sie sind.“

500 Exponate stellt das kleine Privatmuseum aus. Die ersten industriell gefertigten Zwerge sind um 1880 auf den Markt gebracht worden. Ab 1948 war die Herstellung der Wichtel im Thüringer Wald verboten, die DDR erlaubte nur dann eine Produktion an Gartenzwergen, wenn diese Devisen aus dem Ausland versprach.
Jennifer Hieber